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FC Wohlen |
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25.07.2003, Paul-Walser-Stiftung, Challenge League |
In der Saison 1930/31 spielte der FC Wohlen zum einzigen Mal ein Jahr lang in der 1. Liga der Schweiz, aber dennoch
handelt es sich um ein Team, das auf eine lange Geschichte zurückblicken kann - nur daß die sich zum Großteil im unterklassigen Fußball der Eidgenossenschaft abgespielt hat. Seit den 60er Jahren spielte der FC ständig in den oberen beiden Amateurligen. Die 90er Jahre verbrachten die Blau-Weißen größtenteils in der 2. Liga. 1997 stieg man für ein Jahr in die 1. Liga auf, direkt wieder ab und erreichte den sofortigen Wiederaufstieg, mit dem man die Grundlage dafür schaffte, zur Saison 2001/2002 mit dem Aufstieg in die Nationalliga B den wohl größten Erfolg der Vereinsgeschichte zurechtzuzimmmern. Mit bescheidenen Mitteln sich viel Nützliches zu bieten zitiert man auf der Homepage des FC Wohlen die Vereinsgründer und gibt damit direkt das Motto für das Abenteuer Nationalliga B vor, das für die Wohlener nun ins zweite Jahr geht. Ganz ähnlich ist die Geschichte von Concordia Basel, das zwar ganz im Schatten des übermächtigen FC Basel steht, selbst aber eine beträchtliche Erfolgsgeschichte vorzuweisen hat - zumeist in der 1. Liga. Seit 1984 liegt die Concordia an der Spitze der ewigen Tabelle der höchsten Schweizer Amateurklasse und 1998 schaffte man es als erstes Schweizer Team, die 50 Jahre lange Klassenzugehörigkeit in dieser Liga zu feiern. Im Jahr 2001 sagte die Concordia dann dem Amateurfußball ade, als man wie ein Jahr später der FC Wohlen die Meisterschaft seiner Klasse errang und sich danach in der Aufstiegsrunde zur Nationalliga B durchsetzte.
Heute geht es zum zweiten Mal innerhalb einer Woche zwischen den beiden Kontrahenten um Punkte, denn die Challenge
League - wie die Nationalliga B seit diesem Jahr heißt - spielt zum ersten Mal in einem Spielmodus, in dem es in Hin- und Rückspiel nicht nur um sechs Punkte aus den Partien, sondern auch noch um zwei Zusatzpunkte für den Gesamtsieg geht. Ein ähnliches Verfahren war auch mal im deutschen Fußball angedacht worden, scheiterte aber am Widerstand von Fans und Vereinen - in der Schweiz ist es nun zumindest im Unterhaus Realität geworden und der 2:1-Sieg, den Concordia in der Vorwoche einfahren konnte, spricht dafür, daß es heute insgesamt knapp werden könnte. Nach nur vier Minuten gehen die Hausherren in Führung, nachdem der Torhüter von Concordia das Leder erst hinter der Linie hatte abwehren können. Auch danach dominiert der FC Wohlen, muß aber nach einer guten halben Stunde nach einem Abwehrfehler den völlig überraschenden Ausgleich hinnehmen. Noch im ersten Abschnitt kommt es zum erneuten Führungstreffer des FC Wohlen und danach geht es noch mal turbulent her, als zunächst der Trainer der Concordia vom Platz muß und in der Nachspielzeit auch noch ein Spieler der Gäste des Feldes verwiesen wird - wobei besonders der Verweis gegen den Coach eine drastische Überreaktion des Schiedsrichters darstellt. Trotz der Überzahl dauert es bis zur 92. Minute, bis der FC Wohlen per Foulelfmeter zum aufgrund des Zeitpunktes sicherlich glücklichen 3:1 kommt, der dem Team die beiden Zusatzpunkte bringt, so daß man jetzt mit 5 Zählern aus zwei Partien recht gut dasteht. Die Concordia hat nicht nur den Verlust von Spiel und Zusatzpunkten zu beklagen, sondern auch noch zwei Spieler durch schwere Verletzungen - Kreuzbandriß und Meniskusschaden, wie sich später herausstellt - verloren, was man auf eine überharte Gangart des FC Wohlen zurückführt, von der aus Sicht des neutralen Zuschauers beim Spiel allerdings nicht viel zu sehen war - die Verletzungen kamen vielmehr bei Allerweltsfouls zustande.
Beim FC Wohlen herrscht eine durchaus positive und in gewissem Sinn auch gute Stimmung, einen echten Support gibt es
dann allerdings doch nicht. Zwar hat man auf der Tribüne eine Trommel aufgebaut, aber die kommt nur selten zum Einsatz und auch Sprechchöre gibt es nicht bis auf ein sehr sporadisches "Hopp, Wohlen!", das von Zeit zu Zeit von ein bis zwei Leuten kurz angestimmt wird. Dafür geht man in kritischen Szenen mit lautem Raunen mit und auch den einen oder anderen lautstarken Zwischenruf bekommt man zu hören. Alles in allem kann man von einem Publikum sprechen, das in gewisser Weise für den Amateurfußball geradezu typisch wäre - nur, daß man den halt verlassen hat. Ein Anhang der Concordia ist zunächst gar nicht auszumachen und auch anhand der Reaktion auf die meisten Spielszenen sieht es eher so aus, als wäre niemand im Stadion, der auf der Seite der Basler steht. Nach dem Ausgleichstreffer gibt es dann doch ein wenig Jubel, der zeigt, daß doch der eine oder die andere im Stadion der Concordia die Daumen drückt.
Das Stadion Paul-Walser-Stiftung ist zwar nur auf einer Seite ausgebaut, brilliert hier aber mit einer absolut
sehenswerten Holztribüne. Hier nimmt man auf Bänken - ebenfalls aus Holz - Platz, die über Rückenlehnen verfügen, und wird von einem fachwerkartigen Geländer vor dem Absturz von der deutlich erhöht aufgebauten Tribüne bewahrt. Da das gute Stück ein wenig klein geraten ist, wird es von einer zweiten Tribüne auf der gleichen Längsseite unterstützt, die allerdings mit ihrer Stahlrohrkonstruktion deutlich prosaischer daherkommt. Dafür ist die Bestuhlung der Zusatztribüne mit Gartenstühlen recht originell. Die Seele der Holztribüne fehlt dem dazugeschusterten Teil natürlich völlig, auch wenn man ihr wohl zugute halten wird, daß man vermutlich deutlich bequemer darauf sitzt. Um den Rest der Anlage ist ebenerdiges Stehen angesagt und an jeder Ecke gibt es einen Verpflegungsstand, so daß hungrige Zuschauer in keinem Fall allzuweit zu laufen haben. Das Flutlicht ist über acht Masten zu je zwei Strahlern verteilt und dazu kommt in einem Eckbereich noch eine kleine Anzeigetafel, deren variable Teile aus einer Analoguhr und einer Spielstandsanzeige bestehen. Die Kabinen betritt man übrigens durch die Eingeweide der Holztribüne, die im hinteren Bereich direkt in ein steinernes Gebäude übergeht. Besuchenswert ist das Stadion allein aufgrund seiner Tribüne allemal, allerdings muß man auch sagen, daß es in Deutschland ohne größere Umbaumaßnahmen mit Sicherheit keine Zulassung für die Regionalliga bekommen könnte.
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